»Falls jemand hartnäckig jedes Interesse am und jede Beschäftigung mit dem Putzen leugnet, gibt es nur drei Erklärungenn: Entweder er lügt, oder er ist ein unglaublicher Exzentriker oder er bezahlt jemand anderen, der die ganze Arbeit für ihn macht«
Margaret Horsfield
»Der letzte Dreck«
(Nicht) unter den Teppich gekehrt
Putzen ist die unsichtbarste Nebensache der Welt und schon gar kein Thema großer klassischer Romane. Es ist weder tragisch noch heroisch, weder philosophisch aufgeladen noch von gesellschaftlichem Prestige. Aber manchmal taucht es doch in der Literatur auf – in scheinbar beiläufigen Szenen, abseits der eigentlichen Handlung. Gerade darin liegt seine literarische Kraft: Putzen ist die stille Geste des Alltags, das sichtbare Zeichen der Ordnung in einer oft chaotischen Welt. Oder auch umgekehrt, in einigen Texten, die es tatsächlich zum Hauptthema haben, Darstellungswelt einer psychischen Verfasstheit, die durch die Beschreibung sonst marginalisierter Vorgänge ihren plastischen Ausdruck findet, wie zuletzt sehr prominent beim Gewinner-Text des Ingeborg-Bachmann-Preises 2023 von Valeria Gordeev: »Er putzt«
Putzen bedeutet, eine Spur zu tilgen – oder festzuhalten, je nachdem, aus welcher Perspektive man es betrachtet. Es ist eine Handlung, die auch heute noch fast ausschließlich weiblich konnotiert ist, oft übersehen, selten gewürdigt, aber immer wiederholt wird. Und sie zeigt mit aller Deutlichkeit: Hier wurde gelebt. Wir wollen Ihnen heute Abend einen freudigen Hausputz servieren, Staub aufwirbeln und Feudel schwingen. Wir lesen Texte, die sich gewaschen haben. 90 Minuten lang, ohne Pause. Geputzt wird dann morgen.
Ulrich Sonnenschein (hr2 kultur)
MODERATOR UND LITERATUREXPERTE - Ulrich Sonnenschein studierte erst Anglistik und dann allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft, immer auf der Suche nach Romanen, die herausragten aus dem Meer der Literatur. Ulysses war so einer, oder Zettels Traum von Arno Schmidt. Seit 1989 ist er Redakteur, Autor und Moderator bei hr2-Kultur. Verschiedene Veröffentlichungen zu Hessen, Jugendkultur sowie Film und Literatur. Er lebt in Frankfurt.
Esther Groh (Literatur am Feldberg)
INTENDANTIN UND REINIGUNGSFANATIKERIN - Wenn sie nicht gerade Mozart sang, wandte sich Esther Groh schon früh der Literatur zu, um ihrem Wirtschaftsstudium etwas Sinnvolles entgegenzusetzen. Dort vermutete sie das wahre Leben. Als sie immer wieder auf Stellen stieß, die das Putzen thematisierten, einer Tätigkeit, die sie ebenso faszinierend wie abstoßend findet, ging sie auf die Suche. Und fand eine ganze Welt des literarischen Putzens. Einen kleinen Teil ihrer Fundstücke wird sie Ihnen im Rahmen dieses Programmes präsentieren. Ihre Wohnung wird dadurch allerdings nicht sauberer.